Je mehr man sich mit dem Thema „Interkulturelle Kommunikation“ beschäftigt, desto mehr fällt einem auf, dass dieses Ding „Kultur“ gar nicht so leicht zu begreifen ist. Ab wann ist eine Kommunikation „interkulturell“? Läuft es nach dem Grad der Fremdheit eines Kommunikationspartners, und wenn ja, wer bestimmt wer wie fremd ist? So merke ich immer wieder, dass der Versuch, einen Label auf „Interkulturalität“ aufzuklatschen schnell ins Essentialismus rutscht. Es ist eine Machtfrage, wer wen als „anders“ bezeichnet.
Dabei merke ich im Alltag, dass es viele Situationen gibt, die auf jeden Fall interkulturelle Kompenz bedürfen. Zum Beispiel, wenn ich mit jemandem spreche, der viel älter ist als ich. Da sprechen wir über eine generationsgrenze, die manchmal schwer zu überwinden ist. Oft habe ich das Gefühl mit meinen Nachbarn, die nicht dem akademischen Milieu entstammen, in der ich in Deutschland sozialisiert bin, dass wir uns echt schwer tun, uns zu verstehen. Und nicht zuletzt merke ich oft, dass es Kommunikationsarbeit, Einfühlvermögen und Geduld bedarf, mit Menschen zu kommunizieren, die männlich sozialisiert sind. Alles sozusagen innerhalb der „gleichen“ deutschen Kultur.
Ich kann mich schneller mit einer Frau verstehen, die aus der anderen Seite des Planeten stammt, als mit dem Handwerker, der kommt, um das Dach zu reparieren. Oft sind Milieu, oder Klassenzugehörigkeit wichtige „Kulturen.“ Eine Studentin aus Brasilien hat vielleicht mehr Gemeinsamkeiten und kann leichter kommunizieren mit einem Studenten aus Frankreich als mit einem Dorfbewohner aus ihrem eigenen Land.
Also was war da nochmals mit der interkulturellen Kommunikation?
Neulich merkte eine Teilnehmerin im Training an, „ich habe verstanden, dass jede Kommunikation interkulturelle Kommunikation ist.“ Je mehr wir uns das Thema annähren und überlegen was dazugehört, respektvoll, offenherzig und empathisch mit anderen zu sein, desto mehr werden kulturelle Grenzen egal. Es geht viel mehr darum, unvoreingenommen in jede Kommunikation zu gehen, offen für die spontane, einzigartige Kombination, die jede Begegnung ergibt. Das sind nicht interkulturelle Fähigkeiten, sondern menschliche.
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